Sophokles - Antigone. Vierter Akt. Zweite Szene. lyrics

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Sophokles - Antigone. Vierter Akt. Zweite Szene. lyrics

Tiresias. Kreon. Tiresias von einem Knaben geführt Ihr Fürsten Thebes! miteinander kommen Des Weges wir, durch einen beide sehend. Wir Blinden gehen mit Wegweisern so des Weges. Kreon Was gibt es Neues, Greis Tiresias! Tiresias Ich will es sagen, höre du den Seher. Kreon Auch war ich sonst von deinem Sinn nicht ferne. Tiresias Drum steuerst du gerad auch mit der Stadt. Kreon Erfahren hab ich Nützliches und zeug es. Tiresias Auch jetzt im zarten Augenblicke denke. Kreon Was ist es denn? Furchtbar ist dieser Mund mir. Tiresias Du weißt es; hörst die Zeichen meiner Kunst. Denn auf dem alten Stuhle, Vögel schauend, Saß ich, wo vor mir war ein Hafen aller Vögel, Da hört ich unbekannt von denen ein Geschrei, Mit üblem Wüten schrien sie und wild, Und zerrten mit den Klauen sich einander, In Mord, das merkt ich, denn nicht unverständlich war Der Flügel Sausen. Schnell befürchtet ich Und kostete die Flamm, auf allentzündeten Altären. Aber aus den Opfern leuchtet' Hephästos nicht. Hingegen aus der Asche Der na**e Geruch verzehrte die Hüften Und raucht' und wälzte sich, und hoher Zorn ward Umhergesäet, und die benetzten Hüften Sahn offen aus dem Fett, das sie bedeckte. Die hab ich von dem Knaben hier erfahren, Der zeichenlosen Orgien tödliche Erklärung. Denn dieser ist mir Führer, andern ich. Und dies. Nach deinem Sinn erkrankt die Stadt. Denn die Altäre sind und Feuerstellen Voll von dem Fraß der Vögel und des Hunds, Vom unschicklich gefallnen Sohn des Ödipus. Und nicht mehr nehmen auf beim Opfer das Gebet Von uns die Götter, noch der Hüften Flamme; Noch rauscht der Vögel wohlbedeutendes Geschrei her, denn es hat von totem Menschenblut Das Fett gegessen. Das bedenke nun, o Kind! Denn allen Menschen ist's gemein, zu fehlen. Wenn aber einer fehlt, der Mann ist eben Nicht ungescheut und nicht ein Unglücksel'ger, Wenn er, gefallen in ein Übel, heilen Sich lässet und nicht unbeweglich bleibet. Denn Eigendünkel zeiget Grobheit an. Weich du dem Toten und verfolge nicht Den, der dahin ist. Welche Kraft ist das, Zu töten Tote? Gut für dich gesinnt, Sag ich es gut. Zu lernen ist erfreulich, Spricht einer gut, und nützet, was er saget. Kreon O Alter! alle, wie auf eines Schützen Ziel, Zielt ihr auf unsereinen. Ungeschult nicht bin Von eurer Art ich in der Seherkunst nicht; Verkauft bin ich seit langem und betrogen. Gewinnet! Kauft von Sardes das Elektrum, Wenn ihr es wollt, und Gold von Indien, Doch in dem Grabe berget ihr nicht jenen, Nicht, wenn der Donnervogel zuckend ihn Vor Gottes Thron als Speise tragen wollte. Des ungeachtet laß ich, der Krankheiten nicht Des Himmels fürchtet, nicht ein Grab dem Manne. Gott regt kein Mensch an, dieses weiß ich. Es fallen aber, Greis Tiresias, Von Sterblichen auch sehr Gewaltige Sehr wüsten Fall, wenn solche Worte sie, Die wüst sind, schön aussprechen, Vorteils wegen. Tiresias Ach! weiß es jemand? ist's gesprochen irgend? Kreon Was gibt's? was sagst du dieses Allgemeine? Tiresias Um wieviel gilt itzt mehr Gutmütigkeit als Wohlsein? Kreon So viel, denk ich, nicht denken viel Verlust ist. Tiresias Von dieser Krankheit aber bist du voll. Kreon Ich will dem Seher schlimm nicht widersprechen. Tiresias So sprichst du, da du sagst, ich prophezeie fälschlich. Kreon Die Seherart liebt nämlich all das Silber. Tiresias Tyrannenart liebt schändlichen Gewinn. Kreon Weißt du, daß Feldherrn sind, wozu du redest? Tiresias Das weiß ich. Denn durch mich erhieltest diese Stadt du. Kreon Ein weiser Seher bist du, liebest dennoch Unrecht. Tiresias Aufregen wirst du mich, das, was noch unerschüttert Von meinen Gedanken ist, herauszusagen. Kreon Erschüttr es! Nur sprich Vorteils wegen nicht! Tiresias Schein ich so sehr dein Teil zu sein auch itzt noch? Kreon Du wirst nicht täuschen meinen Sinn, das wisse! Tiresias Wiß aber du, nicht lange Zeit mehr brütest In eifersücht'ger Sonne du von nun an; Denn bald aus deinem Eingeweide zahlst Du selber einen Toten für die Toten, Für die, die du von oben warfst hinunter Und deren Seele schmählich du im Grabe Zu wohnen hast gesandt. Von unten hast Auch oben einen du, den schicksallosen, Den unbegrabenen, unheiligen Toten Des Todesgotts, der weder dich noch obre Götter Angehet, aber du brauchst so Gewalt. Und darum lauern wunderlich verderblich Im Jenseits dir die Spötter und die Richterinnen Der Götter, also, daß da in denselben Übeln Du troffen werdest, und betrachte das, Ob ich das dumm von Silber spreche. Denn es kommt, Nicht lange Zeit mehr ist's, von Männern, Weibern In deinen Häusern eine Weheklage. In Mißverstand muß aber jede Stadt Vergehen, deren Leichname zur Ruhe Die Hund' und wilden Tiere bringen, oder wenn Mit Fittichen ein Vogel mit unheiligem Geruche zum gesetzten Herd der Stadt kommt. So steht's mit dir. Verdrossen bist du freilich; Als wie ein Schütze sandt ich aus dem Mute Des Herzens Pfeile fest. Und ihrer Wärme Entgehst du nicht! O Kind! Du aber führ uns Hinweg ins Haus, daß dieser seinen Mut Ausla**e gegen Jüngere. Und lernen Mag er, die Zunge stiller zu gewöhnen, Und besser sein Gemüt gesinnt, denn's jetzt ist. Tiresias geht ab.