Annette von Droste-Hülshoff - 1844- Kapitel 12 lyrics

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Annette von Droste-Hülshoff - 1844- Kapitel 12 lyrics

Die Jagd Die Luft hat schlafen sich gelegt, Behaglich in das Moos gestreckt; Kein Rispeln, das die Kräuter regt, Kein Seufzer, der die Halme weckt. Nur eine Wolke träumt mitunter Am bla**en Horizont hinunter, Dort, wo das Tannicht überm Wall Die dunkeln Kandelaber streckt. Da horch, ein Ruf, ein ferner Schall: »Hallo! hoho!« so lang gezogen, Man meint, die Klänge schlagen Wogen Im Ginsterfeld, und wieder dort: »Hallo! hoho!« – am Dickicht fort Ein zögernd Echo, – alles still! Man hört der Fliege Angstgeschrill Im Mettennetz, den Fall der Beere, Man hört im Kraut des Käfers Gang, Und dann wie zieh'nder Kranichheere Kling klang! von ihrer luft'gen Fähre, Wie fernen Unkenruf: Kling! klang! Ein Läuten das Gewäld entlang – Hui schlüpft der Fuchs den Wall hinab – Er gleitet durch die Binsenspeere, Und zuckelt fürder seinen Trab: Und aus dem Dickicht, weiß wie Flocken, Nach stäuben die lebend'gen Glocken, Radschlagend an des Dammes Hang; Wie Aale schnellen sie vom Grund, Und weiter, weiter, Fuchs und Hund. – Der schwa*kende Wacholder flüstert, Die Binse rauscht, die Heide knistert, Und stäubt Phalänen um die Meute. Sie jappen, klaffen nach der Beute, Schaumflocken sprühn aus Nas' und Mund. Noch hat der Fuchs die rechte Weite, Gela**en trabt er, schleppt den Schweif, Zieht in dem Taue dunklen Streif Und zeigt verächtlich seine Socken. Doch bald hebt er die Lunte frisch, Und, wie im Weiher schnellt der Fisch, Fort setzt er über Kraut und Schmelen, Wirft mit den Läufen Kies und Staub; Die Meute mit geschwollnen Kehlen Ihm nach, wie ra**end Winterlaub. Man höret ihre Kiefern knacken, Wenn fletschend in die Luft sie hacken; In weitem Kreise so zum Tann, Und wieder aus dem Dickicht dann Ertönt das Glockenspiel der Bracken. Was bricht dort im Gestrüppe am Revier? Im holprichten Galopp stampft es den Grund; Ha! brüllend Herdenvieh! voran der Stier, Und ihnen nach klafft ein versprengter Hund. Schwerfällig poltern sie das Feld entlang, Das Horn gesenkt, waagrecht des Schweifes Strang, Und taumeln noch ein paarmal in die Runde, Eh Posto wird gefaßt im Heidegrunde. Nun endlich stehn sie, murren noch zurück, Das Dickicht messend mit verglastem Blick, Dann sinkt das Haupt, und unter ihrem Zahne Ein leises Rupfen knirrt im Thymiane; Unwillig schnauben sie den gelben Rauch, Das Euter streifend am Wacholderstrauch, Und peitschen mit dem Schweife in die Wolke Von summendem Gewürm und Fliegenvolke. So, langsam schüttelnd den gefüllten Bauch Fort grasen sie bis zu dem Heidekolke. Ein Schuß: »Hallo! « – ein zweiter Schuß: »Hoho! « Die Herde stutzt, des Kolkes Spiegel kraust Ihr Blasen, dann die Hälse streckend, so Wie in des Dammes Mönch der Strudel saust, Ziehn sie das Wa**er in den Schlund, sie pusten, Die kranke Stärke schaukelt träg herbei, Sie schaudert, schüttelt sich in hohlem Husten, Und dann – ein Schuß, und dann – ein Jubelschrei! Das grüne Käppchen auf dem Ohr, Den halben Mond am Lederband, Trabt aus der Lichtung rasch hervor Bis mitten in das Heideland Ein Weidmann ohne Tasch' und Büchse; Er schwenkt das Horn, er ballt die Hand, Dann setzt er an, und tausend Füchse Sind nicht so kräftig totgeblasen, Als heut es schmettert übern Rasen. »Der Schelm ist tot, der Schelm ist tot! Laßt uns den Schelm begraben! Kriegen ihn die Hunde nicht, Dann fressen ihn die Raben. Hoho hallo!« Da stürmt von allen Seiten es heran, Die Bracken brechen aus Genist und Tann; Durch das Gelände sieht in wüsten Reifen Man johlend sie um den Hornisten schweifen. Sie ziehen ihr Geheul so hohl und lang, Daß es verdunkelt der Fanfare Klang, Doch lauter, lauter schallt die Gloria, Braust durch den Ginster die Viktoria: »Hängt den Schelm! hängt den Schelm! Hängt ihn an die Weide, Mir den Balg und dir den Talg, Dann lachen wir alle beide; Hängt ihn! Hängt ihn! Den Schelm, den Schelm! – – «