Spoken:
Ta**o:
Als unerfahr'ner Knabe kam ich her
In einem Augenblick, da Fest auf Fest
Ferrara zu dem Mittelpunkt der Ehre
Zu machen schien. O welcher Anblick war's!
Den weiten Platz, auf dem in ihrem Glanze
Gewandte Tapferkeit sich zeigen sollte
Umschloss ein Kreis, wie ihn die Sonne nicht
So bald zum zweiten Mal bescheinen wird!
Es saßen hier gedrängt die schönsten Frauen
Gedrängt die ersten Männer uns'rer Zeit!
Erstaunt durchlief der Blick die edle Menge
Man rief: "Sie alle hat das Vaterland
Hierher geschickt. Zusammen bilden sie
Das herrlichste Gericht, das üeber Ehre
Verdienst und Tugend je entschieden hat!
Gehst du sie einzeln durch, du findest keinen
Der seines Nachbarn sich zu schämen brauche!"
Und dann eröffneten die Schranken sich
Da stampften Pferde, glänzten Helm und Schilde
Da drängten sich die Knappen, da erklang
Trompetenschall und Lanzen krachten splitternd
Staub, auf einen Augenblick, umhüllte wirbelnd
Des Siegers Ehre, des Besiegten Schmach!
O la** mich einen Vorhang vor das ganze
Mir allzu helle Schauspiel ziehen, da**
In diesem schönen Augenblicke mir
Mein Unwert nicht zu heftig fühlbar werde!
Prinzessin:
Wenn jener edle Kreis, wenn jene Taten
Zu Müh' und Streben damals dich entflammten
So konnt' ich, junger Freund, zu gleicher Zeit
Der Duldung stille Lehre dir bewähren!
Die Feste, die du rühmst, die hundert Zungen
Mir damals priesen und mir manches Jahr
Nachher gepriesen haben, sah ich nicht!
Am stillen Ort, wohin kaum unterbrochen
Der letzte Widerhall der Freude sich
Verlieren konnte, musst' ich manche Schmerzen
Und manchen traurigen Gedanken leiden!
Zum ersten Mal trat ich, noch unterstützt
Von meinen Frauen, aus dem Krankenzimmer
Da kam Lucretia voll frohen Lebens
Herbei und führte dich an ihrer Hand -
Du warst der Erste, der im neuen Leben
Mir neu und unbekannt entgegen trat!
Da hofft' ich viel für dich und mich. Auch hat
Uns bis hierher die Hoffnung nicht betrogen!
Ta**o:
Und ich, der ich, betäubt von dem Gewimmel
Des drängenden Gewühls, von so viel Glanz
Geblendet, und von mancher Leidenschaft
Bewegt, durch stille Gänge des Palasts
An deiner Schwester Seite schweigend ging
Dann in das Zimmer trat, wo du uns bald
Auf deine Frau'n gelehnt erschienest - mir!
Welch ein Moment war dieser! O vergib!
Wie den Bezauberten von Rausch und Wahn
Der Gottheit Nähe leicht und willig heilt
So war auch ich von aller Phantasie
Von jeder Sucht, von jedem falschen Triebe
Mit einem Blick in deinen Blick geheilt!
Wenn unerfahren die Begierde sich
Nach tausend Gegenständen sonst verlor
Trat ich beschämt zuerst in mich zurück
Und lernte nun das Wünschenswerte kennen!
Prinzessin:
Es fingen schöne Zeiten damals an!
Ta**o:
O welches Wort spricht meine Fürstin aus!
Die gold'ne Zeit, wohin ist sie gefloh'n
Nach der sich jedes Herz vergebens sehnt?
Da auf der freien Erde Menschen sich
Wie frohe Herden im Genuss verbreiteten
Da ein uralter Baum auf bunter Wiese
Dem Hirten und der Hirtin Schatten gab
Ein jüngeres Gebüsch die zarten Zweige
Um sehnsuchtsvolle Liebe traulich schlang
Wo klar und still auf immer reinem Sande
Der weiche Fluss die Nymphe sanft umfing
Wo jeder Vogel in der freien Luft
Und jedes Tier, durch Berg' und Täler schweifend
Zum Menschen sprach: "Erlaubt ist, was gefällt!"
Prinzessin:
Mein Freund, die gold'ne Zeit ist wohl vorbei
Allein die Guten bringen sie zurück!
Und soll ich dir gestehen, wie ich denke?
Die goldne Zeit, womit der Dichter uns
Zu schmeicheln pflegt, die schöne Zeit, sie war
So scheint es mir, so wenig als sie ist
Und war sie je, so war sie nur gewiss
Wie sie uns immer wieder werden kann -
Noch treffen sich verwandte Herzen an
Und teilen den Genuss der schönen Welt!
Nur in dem Wahlspruch ädert sich, mein Freund
Ein einzig Wort: "Erlaubt ist was sich ziemt!"
Ta**o:
O wenn aus guten, edlen Menschen nur
Ein allgemein Gericht bestellt entschiede
Was sich denn ziemt, anstatt da** jeder glaubt
Es sei auch schicklich, was ihm nützlich ist!
Prinzessin:
Willst du genau erfahren, was sich ziemt
So frage nur bei edlen Frauen an
Denn ihnen ist am meisten dran gelegen
Da** alles wohl sich zieme, was geschieht!
Und wirst du die Geschlechter beide fragen:
Nach Freiheit strebt der Mann, das Weib nach Sitte!
Ihr strebt nach fernen Gütern
Und euer Streben muss gewaltsam sein!
Ihr wagt es, für die Ewigkeit zu handeln
Wenn wir ein einzig' nah beschränktes Gut
Auf dieser Erde nur besitzen möchten
Und wünschen, da** es uns beständig bleibe -
Wir sind von keinem Männerherzen sicher
Das noch so warm sich einmal uns ergab!
Die Schönheit ist vergänglich, die ihr doch
Allein zu ehren scheint. Was übrig bleibt
Das reizt nicht mehr, und was nicht reizt, ist tot!
Wenn's Männer gäbe, die ein weiblich Herz
Zu schätzen wüssten, die erkennen möchten
Welch einen holden Schatz von Treu' und Liebe
Der Busen einer Frau bewahren kann
Wenn das Gedächtnis einzig schöner Stunden
In euren Seelen lebhaft bleiben wollte
Wenn euer Blick, der sonst durchdringend ist
Auch durch den Schleier dringen könnte, den
Uns Alter oder Krankheit überwirft
Wenn der Besitz, der ruhig machen sollte
Nach fremden Gütern euch nicht lüstern machte
Dann wär uns wohl ein schöner Tag erschienen -
Wir feierten dann uns're goldne Zeit!